AG Demokratie lässt Alteburg-Denkmal über Nacht mit Brettern vernageln. Vom Himmel regnet es Flugblätter.
Zivilcourage der Arnstädter
Der Ilmkreis hat sich zu einem Aufmarschgebiet der Rechten entwickelt. In Kirchheim finden sie Unterschlupf in einem privaten Gasthof, die Behörden sind hierzulande im Umgang mit ihnen recht konservativ. Dieser Meinung sind Uwe Schubert und Stefan Heerdegen von MOBIT, der mobilen Beratung in Thüringen für Demokratie – gegen Rechtsextremismus. Was sie Freitagabend im Theatercafé dem dicht gedrängten Publikum erklärten, regt zum Nachdenken an, fordert Zivilcourage von jedem einzelnen – nicht nur in Arnstadt.
Und Zivilcourage zeigten die Arnstädter: Auf dem Holzmarkt versammelte sich die gleichnamige Arbeitsgemeinschaft der Stadt, die Teil eines noch zu gründeten Bündnisses gegen Rechts ist. Unter den Anwesenden Landrat Benno Kaufhold (CDU), Superintendentin Angelika Greim-Harland, Reinhard Schramm von der Jüdischen Gemeinde und zahlreiche Abgeordnete.
Flugblätter regnete es über dem Hauptbahnhof aus einer gelben Sportmaschine. Dort hatten sich gegen 16 Uhr die Rechten versammelt, um ursprünglich zum Alteburg-Denkmal zu ziehen. Doch dieses Ziel hatten couragierte Arnstädter kurzerhand mit Brettern vernageln lassen. Die Neonazis schwenkten im letzten Moment um, erklärten das Denkmal für die „Opfer kommunistischer Gewalt von 1945 bis 1989“ in der Rosenstraße zum Ort ihrer Versammlung.
Zahlreiche Aktionen hatte auch das antifaschistische Aktionsbündnis in petto. Ihr Kundgebungsort auf dem Unteren Markt verwaiste zeitweilig, da die vorwiegend jungen Leute entlang der Strecke den Zug der Rechten stören wollten. 45 von ihnen wurden im Bereich Lessingstraße/Baumannstraße in Gewahrsam genommen. Später besetzten sie
das Denkmal, zogen sich ob des übermächtigen Polizeiaufgebots nach Platzverweis friedlich zurück. Gegen insgesamt 62 Personen dieser Störgruppen und mehrere Rechte wurden Ermittlungsverfahren eingeleitet, wie Klaus König von der Polizeiinspektion gestern mitteilte.
Dass die Rechtsextremisten am Denkmal für die Opfer kommunistischer Gewaltherrschaft einen Kranz niederlegten, dürfte einmalig sein. „Geschichtsklitterung ist da ein mildes Wort“, sagte ein Teilnehmer des Friedensgebets in der Himmelfahrtskirche. Auch, warum der Kranz zur Ehrung der Opfer wieder mitgenommen wurde, mag ein Geheimnis der Rechten bleiben. vp
Angelika Greim-Harland und Gerhard Pein (l.) sprachen auf dem Holzmarkt. 80 großformatige Plakate verkündeten in der Stadt umnissverständlich: Rechte sind hier nicht willkommen Foto: bf